Wildwest für Wölfe vollkommen unangemessen

Mit einiger Irritation hat der Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen in Osterholz das Interview mit Kreislandvolkchef Karsten Padeken unter der Überschrift “Jeder Wolf ist ein Problemwolf” zur Kenntnis genommen. Hier wird nicht nur unsachlich sondern auch unsauber argumentiert. Im Ergebnis fordert Padeken nichts anderes als Wildwest-Manieren im Umgang mit hier natürlich lebenden Wildtieren. Wolfgang Goltsche, Sprecher des Kreisvorstandes erklärt dazu „Mit dieser Haltung scheint Herr Padeken auf reine Ausbeutung und Gegnerschaft mit der Natur zu setzen. Das ist eindeutig der falsche Weg und führt am Ende zu Artenschwund und Naturzerstörung“.

So bleibt er beispielsweise eine Erklärung schuldig, wie eine Entnahme des Wolfes “ohne langes bürokratisches Prozedere” gezielt erfolgen soll und mit den geltenden jagdrechtlichen Verordnungen in Einklang zu bringen ist. Diese außer Kraft zu setzen, ohne im konkreten Fall zunächst zu klären, ob beispielsweise zumutbare Herdenschutzmaßnahmen ergriffen worden sind, hieße, quasi ungebremst Jagd auf den Wolf machen zu können.
Es gehört auch zur Wahrheit, dass seit Herbst vergangenen Jahres die Bezuschussung zumutbarer Herdenschutzmaßnahmen auch für Hobbytierhalter auf 100% gestiegen ist. Diese besonders betroffene Gruppe von Schaf- und Ziegenhalterinnen bekommt somit nunmehr wenigstens die Materialkosten ihrer Maßnahmen vernünftig erstattet. Man wird sich aber nicht aufeinander zu bewegen, wenn eine Seite nur mauert. Und das Interview von Herrn Padeken ist sicher nicht hilfreich, die ohnehin aufheizte Stimmung zu befrieden. Fragt man die Wolfsberater in Niedersachsen so erfährt man vom rauen Umgangston, der ihnen in Ausübung ihres Ehrenamtes immer wieder entgegenschlägt. Missstände, wie die von Herrn Padeken zu Recht benannte lange Prüfzeit der Risse, wird man aber nicht durch polemische Diskussionen aus der Welt schaffen. Die zentrale DNA-Analyse der vermuteten Risse erfolgt in Deutschland für alle Fälle am Senckenberg-Institut. Nach Auskunft des Umweltministeriums gibt es dadurch teils lange Prüfzeiten. Die zentrale Auswertung dient aber auch der Registrierung von Einzeltier- und Herdenbewegungen der hochmobilen Tiere und damit auch dem besseren Monitoring.

Überhaupt ist die Herstellung einer wolfsfreien Zone nachgerade unmöglich. Man redet hier schließlich über ein Tier, welches bis zu 70 km täglich zurücklegen kann. Es könnte also täglich zu einer Vielzahl an unbemerkten Durchquerungen kommen. Zudem müssen die Zahl der Risse und auch das Bestehen eines Herdenschutzes (Mindestschutz 90cm, empfohlen 120cm, gültig für die Bewertung aber individuell festgelegter “individueller” Herdenschutz!) sachlich in Beziehung gesetzt werden, um die – zunächst vor allem wirtschaftliche – Gefährdung der Weideviehhaltung auszuschließen. Von einem Tier, welches für eine Entnahme in Frage kommt, spricht man überhaupt erst bei wiederholter Überwindung “zumutbarer Herdenschutzmaßnahmen” und folgender (nachweisbarer) Risse. Die korrekte Zuordnung des verursachenden Tieres zum Schaden ist ohne Sichtung oder einwandfreie DNA-Zuordnung eines registrierten Tieres zudem im Prinzip unmöglich. Die Entnahme erfolgt insofern entweder nach sachlicher und abgewogener Prüfung – oder auf gut Glück.

Wenn es um Ausgleichszahlungen (Billigkeitszahlungen) für Risse geht so ist mit dem geänderten Prozedere – nunmehr erfolgt eine Bewertung federführend durch die Landwirtschaftskammer und nicht mehr zwingend unter Einbindung des Wolfsbüros – auch hier ein Schritt zu Gunsten der Tierhalterinnen getan. Für den Deichbereich und an Wasserstraßen wird zudem zur Kenntnis genommen, dass Schutzmaßnahmen nur sehr eingeschränkt oder gar nicht stattfinden können. All diese Schritte gehen in polemisch verkürzten Schuldzuweisungen unter und machen eine sachliche Diskussion noch verbliebener Härten unmöglich.

Im Moment wird die Wolfs-Verordnung überarbeitet und alles, was hier von Seiten des Landvolkes passiert, ist Stimmungsmache. Natürlich ist ein Riss nichts, was Weidetierhalterinnen unbedingt einmal erleben wollen. Natürlich geht es nicht nur um wirtschaftliche Schäden, sondern sind hier auch Ängste in der Bevölkerung, die man aufnehmen muss. Sie lassen sich aber nur sachlich entkräften, nicht über harte Worte und überspitzte, unsachliche und teils unwahre Verkürzungen. Wir reden hier für ganz Niedersachsen von etwa 230 bis 240 Wölfen. Auch ist über DNA-Tests bisher kein einziger Wolf-Hund-Hybrid in Niedersachsen festgestellt worden. Wir sollten den Wolf als Teil eines intakten Ökosystems begreifen und eine friedliche Koexistenz anstreben. Dazu zählen Herdenschutz und das Verbot der Fütterung ebenso wie die Rücksichtnahme beim Bejagen der Hauptfutterquellen wie Rehen und Wildschweinen.

Wir als Grüne empfehlen dringend, zur Sachlichkeit zurückzukommen und sowohl die Bevölkerung als auch die Weidetierhalterinnen nicht mit Falschinformationen und überspitzten Forderungen zu verunsichern. Wolfsberaterinnen, Wolfsbüros und andere Sachkundige arbeiten vielfach im Ehrenamt und müssen sich trotzdem anfeinden und sogar beschimpfen lassen. Dies gilt auch für politisch Verantwortliche. Diese Entwicklung, der raue Ton und die Unsachlichkeit sind aus unserer Sicht eine nicht hinnehmbare Entwicklung, der wir entschieden entgegentreten werden!

www.weser-kurier.de/region/osterholzer-kreisblatt_artikel,-koexistenz-mit-dem-wolf-_arid,1909538.html

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