Einstellung zu Schulassistenten befremdlich

Mit Befremden hat die Kreistagsfraktion GRÜNE/UWG die in dem genannten Artikel beschriebene Einstellung des Landkreises Osterholz zu Schulassistenzen zur Kenntnis genommen. Sie werden als Grund für die „Sonderrolle“ eines Schülers oder einer Schülerin in einer Regelschule verstanden, die Inklusion und Eigenständigkeit angeblich erschweren. Aus Sicht einer unmittelbar Betroffenen, der grünen Kreis- tagsabgeordneten Petra Fiß, die aufgrund ihrer Behinderung auf die ständige Unter- stützung ihres Mannes angewiesen ist, ist das Gegenteil der Fall: „Eine Assistenz behindert einen behinderten Menschen nicht, sondern gibt ihm Freiheit,“ ist sie überzeugt.

Gerade die in ihrem Fall erforderliche Unterstützung macht deutlich, dass die Aussagen des Landkreises zu undifferenziert sind. Es sind und sollten immer die Umstände des Einzelfalls entscheidend dafür sein, ob ein:e Schüler:in in einer Inklusionsklasse eine Schulassistenz erhält oder nicht. Steigende Fallzahlen von Assistenzen machen leider einen wachsenden Bedarf an zusätzlicher Unterstützung deutlich. In dieser Situation die Schulassistenz in Frage zu stellen, verstärkt Schulen und Betroffene zu kontrollieren und nach unangekündigten Hospitationen die Schulassistenz abzuziehen sowie Eltern die Suche nach einer Assistenz für ihr Kind zu überlassen, bedeutet eine enorme weitere Belastung für alle Beteiligten. Wenn der Landkreis dann zudem betont, dass er „bisher noch stets auf sich verändernde Bedarfe mit den nötigen Leistungsanpassungen reagiert habe,“ lässt dies für die Zukunft nichts Gutes erahnen.

Der bisherige Weg sollte keinesfalls aus Kostengründen verwässert und ausgedünnt werden. Mit dem Ziel einer Verbesserung der Situation für alle Beteiligten sollte vielmehr eine engere Zusammenarbeit zwischen Kultus- und Sozialbehörden angestrebt werden. Der Einsatz von Klassenassistenzen könnte hier als gutes Beispiel aus anderen Bundesländern dienen.

Auch die Auffassung des Landkreises, Assistenzen seien gerade an Förderschulen entbehrlich, ist ernsthaft in Frage zu stellen. Es gibt eben Menschen, die aufgrund der Schwere ihrer nicht nur geistigen, sondern gegebenenfalls auch körperlichen Be- einträchtigung vollständig auf Unterstützung angewiesen sind. Ganz offensichtlich sind die Förderschulen dann doch nicht so organisiert und ausgestattet, dass sie „eine umfassende Betreuung aus der Schule heraus gewährleisten” können.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass es die mit jeder Schulassistenz verbundenen Kosten sind, die den Landkreis veranlassen, das Hohelied auf die Inklusion zu singen, und er wegen steigender Kosten die Eltern zur Anwahl einer Förderschule drängen möchte. Dies ist eine entschieden abzulehnende Abkehr von der Inklusion durch die Hintertür.

Ja, 4,5 Mio. Euro sind viel Geld im Kreishaushalt. Aber „strukturelle Defizite (nicht nur) bei der Inklusion an Schulen“ und mangelnde finanzielle und personelle Ausstattung der Schulen durch das Land dürfen nicht auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werden, deren Leben schon schwer genug ist. Der Landkreis sollte sich verstärkt für eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen einsetzen und das System der Klassenassistenzen als pädagogisch sinnvolle Weiterentwicklung der klassischen persönlichen Assistenz in den Blick nehmen und verfolgen. Petra Fiß meint jedenfalls: „Für die Betroffenen ist es egal, wer in der Pflicht ist. Wichtig ist, dass Schulen so ausgestattet sind, dass sie für alle Kinder und Jugendliche ein guter Lernort sind.“

Link zum Artikel im Weser Kurier vom 28.04.2022

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